Mehr Sauerstoff, Weniger Schimmel

Es ist nicht unbedingt die beliebteste Zeit des Jahres für das Öffnen von Fenstern. Aber egal, wie kalt und ungemütlich es draußen ist, ohne geht es nicht. Denn ganz abgesehen von olfaktorischen Unannehmlichkeiten können zu lang geschlossene Fenster zu wirklichen Problemen wie etwa der Beschädigung von Holzrahmenfenstern durch das Kondenswasser oder sogar zu Schimmelbildung führen. Denn in Zeiten perfekt abgedichteter Wohnräume muss das, was einst durch Ritzen und/oder undichte Fugen von allein passierte, händisch in die Wege geleitet werden.

Warum? Um grundsätzlich drei Bedürfnissen Rechnung zu tragen, wie die Umweltberatung der Wiener Volkshochschulen im Leitfaden „Richtig lüften“ erläutert: An erster Stelle steht die Zufuhr von Sauerstoff, um den CO2-Gehalt der Luft gering zu halten. Dieser sollte nach dem sogenannten Pettenkofer-Koeffizienten maximal 0,1 Prozent der Raumluft betragen. Für Nichtphysiker ohne Messgeräte: Durchschnittlich ist der Wert rund zwei bis drei Stunden nach einem Lüften erreicht, je nachdem, wie viele Personen sich im Raum aufhalten. An zweiter Stelle steht die Abfuhr von Feuchtigkeit: Durchschnittlich werden rund zehn Liter Feuchtigkeit am Tag in die Luft abgegeben, Faktoren wie Zimmerpflanzen oder Aquarien erhöhen diese Menge.

Um sich vor Schimmelbildung zu schützen, muss die Luftfeuchtigkeit dauerhaft unter 60 Prozent gehalten werden, Aufschluss darüber gibt ein Hygrometer.

Und last but not least sorgt Lüften auch dafür, dass Schadstoffe, von Formaldehyd in Spanplatten über Lösungs- und Reinigungsmittel bis hin zu Kerzen-, Räucherstäbchen- oder Tabakrauch verschwinden.

Wie? Einfach die Fenster aufzureißen oder gar dauerhaft gekippt zu halten, ist eine schlechte Idee, denn damit wird nicht nur Energie verschwendet, sondern möglicherweise auch die Bausubstanz. „In Altbauten sorgt das Kippen der Fenster dafür, dass sich die Feuchtigkeit an den Wänden sammelt“, erklärt Georg Spiegelfeld-Schneeburg, Präsident der Gesellschaft für Landeskunde und Denkmalpflege OÖ.

„In historischen Gebäuden sollte man nur stoßlüften, nie kippen.“ Eine Regel, die grundsätzlich auch für neuere Gebäude gilt: „Ideal ist Stoßlüften, wenn möglich Querlüften, bei weit geöffneten Fenstern“, rät die Arbeiterkammer Wien. Falls notwendig, kann auch das Öffnen der Wohnungstür ein wenig Schwung in die Zirkulation bringen.

Grundsätzlich geht es darum, möglichst schnell frische Außen- gegen verbrauchte Innenluft zu tauschen, ohne zu viel Energie zu verlieren. Was beim Stoßlüften gegeben ist, da Wände oder Möbel kaum abkühlen. Sehr effizient regeln auch Lüftungsanlagen oder kontrollierte Wohnraumlüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung den Luftaustausch.

Wie oft und lang? „Mehrmals täglich“, rät die Arbeiterkammer, eine Faustregel besagt, alle zwei Stunden – wobei es dabei auch darauf ankommt, was im Haus passiert: Ist niemand daheim, wird auch kein Kohlendioxid ausgeatmet; im Schlaf beträgt diese Menge zehn bis 13 Liter pro Stunde, aktive Hausarbeit kann diesen Wert auf bis zu 43 Liter pro Stunde hinaufsetzen. Länger als fünf bis zehn Minuten braucht es nicht, um den Raum mit Frischluft zu füllen. Wobei die gute Nachricht ist, dass man die Fenster bei kaltem, windigem Wetter schneller wieder schließen kann.

Was Sie beachten sollten beim Thema Lüften:
TIPP 1: Wäsche trocknen

„Gibt es keine anderen Vereinbarungen, gehört Wäschetrocknen zum üblichen Wohnzweck“, weiß Christian Boschek, Wohnrechtsexperte der AK Wien. Anders der Fall, wenn auf die Schimmelanfälligkeit der Wohnung hingewiesen wurde. „Dann kommt es auf Rahmenbedingungen an. Etwa, ob der Vermieter Waschküche und Trockenraum zur Verfügung stellt.“

TIPP 2: Lüftintervalle

Auch hier geht es um die Zumutbarkeit. „Es wird sicherlich niemand von einem Mieter verlangen können, dass dieser alle zwei Stunden zum Lüften nach Hause kommt“, bringt es Boschek auf den Punkt. Regelmäßiges Heizen und Lüften gehören aber zu den Pflichten des Mieters, und dafür müsse dieser beispielsweise auch bei längerer Abwesenheit Sorge tragen.

TIPP 3: Schimmel

„Vermieter müssen ernste Schäden wie Mauerdurchfeuchtung oder großflächigen Schimmel beheben“, sagt Boschek. Bei kleinem, oberflächlichem Befall ist der Mieter zuständig. Verschuldet jener nachweislich – etwa durch falsches Lüften – grobe Schäden, kann der Vermieter auf Schadenersatz klagen. Umgekehrt der Mieter auf Mietminderung, bis der Schaden behoben ist. (sma/red. Die Presse)